Wegen ungleicher Vorgaben der AOK: Fehlt es in Berlin bald an Pflegediensten?
Führende Verbände von ambulanten Diensten warnen vor ungleichen Personalvorgaben und einem drohenden Mangel an Pflegediensten in der Hauptstadt.
Krankenkassen unter Führung der AOK weigern sich, ambulante Pflegedienste mit einheitlichen Personalvorgaben zu entlasten und bringen damit die ambulante Versorgung von Pflegebedürftigen in Berlin in Gefahr. Davor warnen die vier Verbände AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (AVG), Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen e.V. (bad), Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB). Die Organisationen vertreten mehr als die Hälfte aller Pflegedienste in der Hauptstadt.
Grund dieser Besorgnis ist das Verhalten der AOK Nordost, die stellvertretend für alle Krankenkassen derzeit neue Personalvorschriften verhandelt. Für einzelne ambulante Dienste wurde darin die Zahl der ständig vorzuhaltenden Fachkräfte deutlich reduziert, während die Kassen an andere Pflegedienste höhere Anforderungen stellt. Über die „Personalmindestvorhaltung“ der AOK müssen deshalb bald wohl Gerichte entscheiden. In der Vereinbarung ist unter anderem die Anzahl der Fachkräfte festgeschrieben, die ein Pflegedienst vorhalten muss, um überhaupt in der Versorgung von Patienten tätig werden zu können.
Während die AOK Nordost nun von einzelnen Pflegediensten lediglich noch fünf Fachkräfte als Mindestbesetzung fordert, weigert sich die Kasse in den aktuellen Verhandlungen mit den führenden Verbänden, die derzeit geforderten acht Kräfte ebenfalls zu reduzieren.
Gerade für kleine inhabergeführte Pflegedienste mit einem überschaubaren Team könnte die Arbeit in Berlin damit deutlich leichter werden, betonen die Verbände angesichts des bekannten Fachkräftemangels in der Pflege. Dass sich die AOK Nordost offenbar aus verhandlungstaktischen Gründen weigere, die Vorgaben für alle gleich zu gestalten, gefährde deshalb die Versorgung von Pflegebedürftigen. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen seien jedoch ein wichtiger Baustein zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung in der Stadt.
Die Verbände werfen der AOK deshalb Grundrechtsverletzungen und eine deutliche Benachteiligung vor. Die juristischen Argumente wiegen dabei schwer: Das Verhalten der Kassen verletzt das im Grundgesetz garantierte Recht auf freie Berufsausübung und das Gebot der Gleichbehandlung im Wettbewerb der Pflegedienste. Außerdem ist es den Krankenkassen als öffentlich-rechtliche Körperschaften verboten, den Marktzugang für einen Teil der Marktteilnehmer ohne erkennbaren Grund einzuschränken.
Nach Gutsherrenart macht die AOK Nordost neue Vorgaben ohne jede Grundlage und bringt damit die ambulante Versorgung in Berlin in Gefahr. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig die ambulante Versorgung von Pflegebedürftigen ist. Die Trägerverbände werden deshalb nun vor Gericht für die Gleichbehandlung ihrer Mitgliedsdienste kämpfen.
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